Gustav Niederlein wuchs in Deutschland auf, wanderte jedoch später nach Argentinien aus und war ein starker Fürsprecher des Kolonialismus. Er befürwortete die Ansiedlung von Deutschen in Argentinien, nahm an der „Wüstenkampagne“ (1870-1884) teil, die einheimische Kulturen in Patagonien zerstörte, um ihr Land weißen Siedlern zur Verfügung zu stellen, und warb als Kurator der argentinischen Ausstellungen auf den Weltausstellungen von 1889 und 1893 für europäische Siedlungen in Argentinien. Dies machte ihn zu einem begehrten Experten, der u. a. bei dem von
William P. Wilson gegründeten Commercial Museum in Philadelphia und beim französischen Kolonialmuseum in Paris tätig war. Ab 1894 stand er mit dem Gründer des Linden-Museums, Graf von Linden, in Kontakt, der Interesse daran hatte, Objekte von Niederlein zu erwerben.Nach der Besetzung der Philippinen durch die USA beauftragte die US-Regierung Niederlein und Wilson damit, eine Philippinische Ausstellung für die Weltausstellung von 1904 vorzubereiten, die eine Rechtfertigung für die „zivilisatorische Mission“ der Amerikaner auf den Philippinen lieferte. Niederlein erreichte dies, indem er Mitglieder indigener Gruppen in einer Völkerschau ausstellte. Darunter waren auch Bewohner der Kordilleren, die „Kopfjagd“-Tänze und „grausame Rituale“ für die Besucher vorführen mussten. Später sandte Niederlein Graf von Linden einige ihrer Gegenstände und hoffte, dass von Linden ihn im Gegenzug für einen Orden des Königs von Württemberg empfehlen würde.
Text: Dr. Georg Noack